Der norwegische Olympiasieger und Weltmeister Jakob Ingebrigtsen erhebt schwere Vorwürfe gegen seinen Vater und ehemaligen Trainer, Gjert Ingebrigtsen. Vor dem Bezirksgericht Sör-Rogaland schilderte der 24-Jährige seine Kindheit als von Angst und Gewalt geprägt. Jakob Ingebrigtsen berichtet von wiederholter körperlicher und psychischer Misshandlung und zieht eine deutliche Grenze zwischen seinem sportlichen Erfolg und den traumatischen Erfahrungen, die er durch seinen Vater erlebte.
Die Vorwürfe im Detail
Jakob Ingebrigtsen beschrieb seine Erziehung als von Angst und Kontrolle geprägt. Laut dem Berichterstatter der norwegischen Nachrichtenagentur NTB erklärte der Olympiasieger, dass seine gesamte Kindheit von einer “enormen Menge an Manipulation” durch seinen Vater begleitet war. “Alles wurde kontrolliert und für mich entschieden. Ich durfte nicht zu Partys gehen, und als Teenager war ich gezwungen, mehrmals am Tag zu trainieren”, sagte Ingebrigtsen vor Gericht.
Ingebrigtsen erklärte weiter, dass er als junger Schuljunge bei einem Sturz vom Tretroller von seinem Vater in den Bauch getreten wurde. Ein weiteres Beispiel für die Gewalt, die er erlebte, sei ein Vorfall gewesen, bei dem sein Vater ihm mehrfach auf den Kopf schlug. Diese Vorwürfe, so Ingebrigtsen, hätten sich über viele Jahre hinweg wiederholt.
Anklage gegen Gjert Ingebrigtsen
Der 59-jährige Gjert Ingebrigtsen, ehemaliger Trainer seiner erfolgreichen Söhne Jakob, Filip und Henrik, ist derzeit wegen psychischer und physischer Misshandlung von zwei seiner sieben Kinder angeklagt. Neben Jakob betrifft die Anklage auch seine 18-jährige Tochter. Der Vater bestreitet die Vorwürfe und hat sich bislang nicht zu den spezifischen Anschuldigungen geäußert.
Der Verlauf der Verhandlung und kommende Zeugenaussagen
Jakob Ingebrigtsen berichtete im Gerichtssaal von den traumatischen Erlebnissen aus seiner Kindheit, und die Verhandlung soll bis Mitte Mai andauern. In den kommenden Tagen wird auch Jakobs jüngere Schwester vor Gericht aussagen. Ihr Bericht könnte weitere Einblicke in das familiäre Umfeld und die Erfahrungen der Ingebrigtsen-Kinder mit ihrem Vater geben.
Die Beziehung zwischen Vater und Söhnen
Gjert Ingebrigtsen war bis vor wenigen Jahren der Trainer seiner drei Söhne, die international erfolgreiche Mittelstreckenläufer sind. Jakob Ingebrigtsen, der jüngste der Brüder, gewann bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 Gold über 1500 Meter, sicherte sich 2024 in Paris Gold über 5000 Meter und ist auch zweimaliger Weltmeister in dieser Disziplin. Trotz seines sportlichen Erfolgs führte die intensive und oft kritisierte Trainingsmethodik seines Vaters zu einer zunehmenden Entfremdung. Jakob und seine Brüder, Filip und Henrik, haben sich mittlerweile von ihrem Vater getrennt und verfolgen ihre Karriere ohne seine Unterstützung.
Psychische Belastung und sportliche Erfolge
Die Auswirkungen der schwierigen Beziehung zu ihrem Vater scheinen auch die sportliche Laufbahn der Brüder begleitet zu haben. Dennoch haben Jakob Ingebrigtsen und seine Brüder internationale Erfolge erzielt, die auch als Beweis für ihre immense Entschlossenheit und Widerstandsfähigkeit gelten. Jedoch scheint die psychische Belastung durch den Druck des Vaters und die wiederholte Gewalt in der Kindheit einen hohen Tribut gefordert zu haben.
Der Fall Jakob Ingebrigtsen und die Vorwürfe gegen seinen Vater werfen ein Schlaglicht auf die dunklen Seiten des sportlichen Erfolgs. Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Informationen und Zeugenaussagen im Laufe der Verhandlung ans Licht kommen werden. Die Familie Ingebrigtsen könnte als Symbol für das schwierige Spannungsfeld zwischen familiärer Bindung und sportlichem Druck gelten, das in vielen Hochleistungssportlerfamilien anzutreffen ist.
