Eine neue orale Therapie gegen Gonorrhoe zeigt in Studien große Wirkung – auch bei resistenten Erregern. Experten sprechen von einem medizinischen Durchbruch.
Frankfurt am Main, 15. April 2025 – Eine neue Tablette namens Gepotidacin könnte den weltweiten Kampf gegen resistente Gonorrhoe-Infektionen entscheidend verändern. Die sexuell übertragbare Krankheit, die unbehandelt schwerwiegende Folgen wie Unfruchtbarkeit verursachen kann, breitet sich weltweit rasant aus – und ist zunehmend resistent gegen gängige Antibiotika. Die neue Pille zeigt nun eine ähnlich starke Wirkung wie die bisherige Standardtherapie – ganz ohne Injektionen.
Gepotidacin so wirksam wie Spritze und Tablette
In einer groß angelegten Phase-III-Studie wurde Gepotidacin mit der aktuellen Standardbehandlung verglichen: einer Ceftriaxon-Injektion kombiniert mit einer Azithromycin-Tablette. Die Ergebnisse sprechen für sich. Beide Therapieformen wirkten gleich gut gegen unkomplizierte urogenitale Gonorrhoe.
Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht und auf dem ESCMID-Kongress in Wien vorgestellt. Insgesamt nahmen 622 Patientinnen und Patienten aus sechs Ländern teil – darunter Großbritannien, die USA, Deutschland, Australien, Mexiko und Spanien.
„Gepotidacin ist eine wichtige neue Option für die Behandlung von Gonorrhoe“, sagte Dr. Emily J. Brown, Infektiologin und Mitautorin der Studie. „Besonders bei resistenten Fällen zeigt es große Wirkung.“
Vorteile: einfache Einnahme, geringere Belastung für das System
Ein großer Vorteil: Gepotidacin wird oral eingenommen. Im Gegensatz zur Spritze ist also kein medizinisches Fachpersonal nötig. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das weniger Hürden – und für das Gesundheitssystem eine spürbare Entlastung.
Laut den Forschenden traten in beiden Gruppen keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf. Zudem zeigte sich, dass das Medikament auch gegen resistente Bakterienstämme wirkt – ein entscheidender Vorteil in Zeiten zunehmender Antibiotikaresistenzen.
Steigende Resistenzen erhöhen den Druck
Gonorrhoe-Fälle nehmen weltweit zu – und viele Erreger sind bereits gegen Ceftriaxon resistent, dem bisher wirksamsten Medikament. In England wurden im Jahr 2023 rund 85.000 Fälle gemeldet – so viele wie seit über 100 Jahren nicht mehr.
Die meisten Betroffenen waren heterosexuelle Männer und Frauen in ihren Zwanzigern. Viele hatten sich im Ausland angesteckt, andere auch im Inland. Gesundheitsbehörden warnen: Ohne neue Medikamente könnten viele Gonorrhoe-Fälle in Zukunft nicht mehr behandelbar sein.
„Wir stehen kurz davor, dass Gonorrhoe wieder zu einer lebensbedrohlichen Krankheit wird“, so Dr. Tobias Lange vom Robert-Koch-Institut in Berlin. „Deshalb ist die Entwicklung von Gepotidacin so wichtig.“
Weitere Studien notwendig
Die bisherige Studie konzentrierte sich auf urogenitale Infektionen bei überwiegend weißen Männern. Nun fordern Fachleute weitere Forschung – insbesondere zur Wirkung bei Rektal- und Rachen-Gonorrhoe, sowie bei Frauen, Kindern und unterschiedlichen ethnischen Gruppen.
Trotzdem zeigt sich die Fachwelt optimistisch. Die Tablette könnte schon bald eine zentrale Rolle in der weltweiten Behandlung spielen – vorausgesetzt, sie erhält die Zulassung der Behörden.
Ein Schritt im Kampf gegen globale Resistenzen
Die Entwicklung von Gepotidacin ist Teil eines größeren Plans: der Bekämpfung von antimikrobiellen Resistenzen, kurz AMR. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 starben weltweit 1,2 Millionen Menschen direkt an antibiotikaresistenten Infektionen – das entspricht rund 3.500 Todesfällen pro Tag.
Ohne neue Medikamente könnten selbst einfache Infektionen wieder tödlich enden. Die Weltgesundheitsorganisation stuft AMR als eine der größten Bedrohungen der globalen Gesundheit ein.
Hoffnung auf wirksame, einfache Therapie
Mit Gepotidacin steht nun ein vielversprechendes Medikament bereit, das nicht nur wirksam, sondern auch einfach anzuwenden ist. Sollte es die Zulassung erhalten, könnte es weltweit Millionen von Menschen helfen – besonders in Regionen mit eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung.