Die Ankündigung erfolgt mitten in einem der schwersten Konflikte der letzten Jahre zwischen Israel und der Hamas. Seit dem Terrorangriff vom 7. Oktober 2023, bei dem Hamas-Kämpfer über 1.200 Menschen in Israel töteten und zahlreiche Geiseln nahmen, führt Israel eine anhaltende Militäroffensive im Gazastreifen durch. Laut israelischer Regierung ist das Ziel klar: die vollständige Zerschlagung der Hamas.
Politisches Signal inmitten des Krieges
Hamas-Vertreter haben am Wochenende erklärt, man sei offen dafür, „eine nationale Führung“ zu unterstützen, die aus „allen palästinensischen Fraktionen“ besteht. Diese könne „den Wiederaufbau koordinieren und für Stabilität sorgen“, heißt es in der Mitteilung. Der Vorschlag wurde unter anderem in Gesprächen mit Vertretern aus Katar, Ägypten und der Türkei diskutiert.
Internationale Beobachter werten die Aussagen als Versuch, sich politisch neu aufzustellen. Gleichzeitig bleibt unklar, wie viel Handlungsspielraum der Hamas inmitten der israelischen Offensive bleibt.
„Die Hamas steht unter massivem militärischem und diplomatischem Druck. Eine Machtübergabe könnte auch ein strategischer Rückzug sein“, sagt Nahost-Experte Dr. Martin Beck von der Universität Kopenhagen.
Israel lehnt politische Rolle der Hamas ab
Israel hält weiter an seinem Ziel fest, die Hamas als politische und militärische Organisation vollständig auszuschalten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betonte mehrfach, dass es „keine Hamas-Herrschaft mehr in Gaza“ geben dürfe – auch nicht in abgeschwächter Form oder durch Strohmänner.
In Tel Aviv wird befürchtet, dass ein solcher Machtwechsel lediglich kosmetischer Natur sein könnte. Viele israelische Offizielle sehen darin den Versuch der Hamas, Zeit zu gewinnen und sich neu zu organisieren.
Wer könnte Gaza übernehmen?
Als mögliche Nachfolgebehörde wird oft die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) genannt, die ihren Sitz in Ramallah hat. Sie wird von Präsident Mahmud Abbas geführt und regiert Teile des Westjordanlands. Doch ihre Legitimität ist geschwächt – die letzten Wahlen fanden 2006 statt, und auch sie steht wegen Korruption und Intransparenz in der Kritik.
Die USA, die EU und auch Deutschland unterstützen die PA als möglichen Partner für einen Wiederaufbau. Eine Rückkehr der PA nach Gaza wäre aber nur möglich, wenn Israel einverstanden ist und die Sicherheitslage es erlaubt.
Internationale Vermittler drängen auf Waffenruhe
Gleichzeitig laufen weiterhin intensive Gespräche über eine Feuerpause. Ägypten und Katar bemühen sich als Vermittler um eine Einigung zwischen Israel und der Hamas. Ziel ist ein mehrwöchiger Waffenstillstand, der auch einen Austausch von Geiseln gegen palästinensische Gefangene umfassen könnte.
US-Außenminister Antony Blinken sagte am Sonntag: „Wir arbeiten Tag und Nacht daran, eine Vereinbarung zu erzielen. Es ist wichtig, dass humanitäre Hilfe Gaza erreicht.“
Zivilbevölkerung leidet weiter
Laut UN-Angaben sind inzwischen über 33.000 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet worden, darunter viele Frauen und Kinder. Der Großteil der zwei Millionen Einwohner Gazas ist auf der Flucht. Es fehlt an Wasser, Strom, Nahrung und medizinischer Versorgung.
UNO-Generalsekretär António Guterres sprach von einer „humanitären Katastrophe biblischen Ausmaßes“. Die internationale Gemeinschaft fordert verstärkt den Schutz der Zivilbevölkerung und Zugang für Hilfsorganisationen.
Politische Öffnung unter Druck
Ob die Hamas ihre Macht wirklich abgibt oder nur taktisch reagiert, bleibt offen. Klar ist jedoch: Der internationale Druck wächst, und jeder diplomatische Spielraum könnte genutzt werden, um das Leiden der Menschen in Gaza zu lindern.